Sonntag, 13. September 2009

Grameen Bank - Teil II

Dieser Artikel soll die Prinzipien, welche die Grameen Bank so erfolgreich gemacht haben, näher Erläutern. Dazu werden die Besonderheiten der Grameen Bank bei dem Prozess der Kreditvergabe erklärt.

Seit dem Grameen Bank Projekt 1976 hat sich Grameen ständig weiterentwickelt und sie letztendlich zu dem gemacht was sie heute ist – ein soziales Business, welches speziell für und mit armen Menschen arbeitet. Seit der Transformation der Grameen Bank in eine formale Bank (1983), sind die Aktien der Bank zu 94% im Besitz der armen Kreditnehmer, welche überwiegend Frauen darstellen (vgl. Yunus 2009, S. 1f.). Die restlichen 6% gehören der Regierung Bangladeschs, die sich damit ein gewisses Mitspracherecht sichert.
Bis Heute hat die Grameen Bank ca. 7,97 Milliarden US-Dollar verliehen, wovon bereits 7,07 Milliarden US-Dollar zurückgezahlt wurden. Ihre Rückzahlungsrate beträgt somit 97,74 Prozent. Sie arbeitet seit ihrem Bestehen profitabel mit einer Ausnahme von lediglich drei Jahren (1983, 1991 und 1992 (vgl. ebd. S. 3f). Dazu ist zu sagen, dass die Bank bis 1995 Subventionen in Form von Spenden und Krediten mit niedrigen Zinsen bekommen hat. 1995 hat sie sich dazu entschieden, sich selbst zu finanzieren und 1998 ist der letzte dieser Kredite ausgelaufen (vgl. Yunus 2006, S. 3f).
Im Folgenden werden nun wesentliche Unterschiede der Grameen Bank bezüglich herkömmlichen Banken näher beschrieben.
Während herkömmliche Banken nach dem Motto: „ Hast du Geld, kannst du mehr Geld haben“ arbeiten, möchte die Grameen Bank ohne materielle Sicherheiten Geld an Menschen, die kein Geld besitzen, verleihen. Dabei vertritt sie die Meinung, dass Kredite ein Menschenrecht sein sollten (vgl. Yunus 2006, S. 4). Ganz nach dem Motto: „ Jeder Mensch – egal ob arm oder reich – hat Potential!“.
Die Menschen, die von der Grameen Bank angesprochen werden, waren vor einigen Jahren noch komplett vom formalen Bankwesen isoliert, da keine Bank das (scheinbar) hohe Risiko und die relativ hohen Kosten eines Mikrokredites an arme, besitzlose Menschen eingehen wollte. Sie hatten somit keinen Zugang zu legalen Finanzdienstleistungen jeglicher Art. Die Grameen Bank verzichtet bei ihrer Kreditvergabe auf jegliche materielle Sicherheiten sowie juristische Mittel, die Kundinnen auf gesetzlichen Wegen zum Zahlen zu zwingen. Wenn es also zu Problemen bei Rückzahlungen von Grameen Kundinnen kommt, wendet sich die Bank nicht ab, sondern im Gegenteil, sie versucht gemeinsam mit den Kundinnen die Probleme auf verschiedene Weisen zu bearbeiten und sie so dazu zu bringen, ihre Rückzahlungen zu tätigen (vgl. Yunus 2006, S. 5f).
Von besonderer Bedeutung und ein weiterer Unterschied zu herkömmlichen Banken ist die Kreditvergabe an überwiegend Frauen. Für diese Entscheidung gibt es mehrere Gründe: Frauen sind zumeist für den Haushalt verantwortlich. In jahrelanger Arbeit hat die Grameen Bank festgestellt, dass Frauen verantwortungsvoller mit Geld umgehen, d.h. sie kümmern sich um regelmäßige Mahlzeiten, schicken die Kinder zur Schule und sind erfahrungsgemäß bessere Sparer als Männer, die Geld u.a. auch für Pokern, Trinken, Zigaretten und Kinobesuche ausgeben (vgl. A N Wright, 2000, S. 133f). Daraus resultiert, dass durch Frauen der materielle Wohlstand der Familien eher gesteigert wird als durch Männer. Für die Bank ist es darüber hinaus besonders wichtig, dass Frauen zuverlässiger die Kredite zurückzahlen als Männer. Dazu kommt, dass in einer Welt, welche zumeist von Männern dominiert wird, sich durch die Kreditvergabe an Frauen grundlegende Strukturen verändern (vgl. ebd.)
Um Kunden von Mikrofinanzinstitutionen zum zurückzuzahlen zu bewegen, wird ein bestimmtes Instrument benutzt: die sogenannten „peer groups“.
Um Kredite bei der Grameenbank zu erhalten, müssen die Kundinnen zu einer Gruppe aus 5-10 Kundinnen gehören. Diese sollen von den Teilnehmerinnen selbst gegründet werden, damit eine höhere Verantwortung untereinander entsteht. Zusätzlich sollen die Gruppen möglichst homogen sein. Das heißt, die Gruppenmitglieder sollen möglichst gleich alt sein, einen ähnlichen sozialen Status genießen und vor allem vergleichbare wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben (vgl. ebd., S. 131). Der soziale Druck sowie die Unterstützung untereinander bilden die Basis der Disziplin. Man kann sich „gegenseitig auf die Finger schauen“, aber „auch jemanden aus der Patsche helfen“, wenn es die Situation verlangt (vgl. ebd. S.132). Dabei ist zu beachten, dass bei der Grameen Bank die Gruppe keine Garantie für ein individuelles Mitglied übernimmt. Die Gruppe dient lediglich der Kontrolle, ob jedes Mitglied verantwortlich handelt und ist ein Instrument, Probleme früh zu erkennen um somit Schwierigkeiten bei der Rückzahlung entgegenzuwirken (vgl. Yunus 2009, S. 2).
Die Grameen Bank bietet heute eine Reihe von verschiedenen Kredit-, Spar und Versicherungsprodukten an, welche genau auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind und essentiell für ihren Erfolg sind. In einem bald erscheinenden Post sollen diese näher beschrieben werden.
Wer noch nicht genug von Mikrokrediten hat, der sei doch noch auf diesen Artikel über Mikrokredite in Kambodscha verwiesen:
Eine Chance für Milionen

Also bis bald und liebe Grüße aus Bangladesch!


Quellen:

A N Wright, Graham: Microfinance Systems. Designing Quality Financial Services for the Poor. Dhaka: University Press Limited 2000.

Yunus, Muhammad: Banker to the Poor. Micro-lending and the battle against world poverty. New York: Public Affairs 2007.

Yunus, Muhammad: Grameen Bank at Glance. Chittagong: Packages Corporation Limited 2009.

Yunus, Muhammad: Microcredit: Banking with the Poor without Collateral. Chittagong: Packages Corporation Limited 2006.

Montag, 7. September 2009

Erlebnisse: Bangla Style

Seit dem 20.August, der Tag an dem wir von unseren „Village Stay“ nach Dhaka zurückkamen und heute ist wieder viel passiert. Überwiegend haben wir Schwesterunternehmen der Grameen Bank unter die Lupe genommen. Einige dieser Schwesterunternehmen haben wir in der Zwischenzeit bereits besucht.

Das Grameen-Netzwerk besteht nicht nur aus der Bank, sondern aus insgesamt circa 22 Grameen Unternehmen, die als Grameen Sister Companies bezeichnet werden. Diese Sister Companies haben ihren Sitz in demselben Bürogebäude wie die Grameen Bank und somit bietet es sich an, sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit unseren Koordinator organisierten wir sieben Treffen mit den Managern verschiedener Sister Companies.
Bei einigen der Sister Companies hat man nur die Möglichkeit, ein Gespräch mit einem Manager in dessen Büro zu führen. Bei anderen hingegen kann man die Arbeit vor Ort erleben. Bei unserem letzten „Village Stay“ sind wir auf eine Filiale von Grameen Shakti (Sister Company rundum Energie) aufmerksam geworden. Grameen Shakti vertreibt Produkte zur Förderung nachhaltiger Energie: Solaranlagen, Biogasanlagen, die mit Kuhdünger angetrieben werden, und energieeffiziente Gasherde. Ein Schwerpunkt von Grameen Shakti ist es die Idee, nachhaltige Energie zu verbreiten und auch für arme Menschen zugänglich zu machen. Durch die Installation einer Solaranlage sind die Kunden unabhängig von der staatlichen Stromversorgung, welche aus eigenen Erfahrungen sehr dürftig ist (teilweise bis zu fünfmal am Tag fällt der Strom aus).

Am 1. und 2. September haben wir einen weiteren Ausflug gemacht, um drei Grameen Projekte vor Ort zu besuchen: Grameen Danone, Grameen Healthcare (eine Augenklinik) und Grameen Fisheries. Die drei Projekte befinden sich in Bogra, einer Stadt die ca. 4 Stunden von Dhaka entfernt ist.
Grameen Danone war das erste Projekt, das wir besucht haben. Es ist ein Joint Venture zur preiswerten Herstellung von Joghurts für unterernährte Kinder Bangladeschs. Yunus bezeichnet die Unternehmensform als „Social Business“, das heißt das Unternehmen hat das Ziel, soziale Ziele zu verwirklichen und sich dabei selbst zu finanzieren. Alle möglichen Gewinne werden nicht an Eigentümer ausgezahlt, sondern immer wieder in die Expansion des Unternehmens investiert. Wir besuchten die Fabrik und erkundigten uns bezüglich Absatzzahlen, Kosten, Profiten etc. Denn wie gesagt, die Idee ist, dass das Unternehmen profitabel arbeitet und trotzdem günstige Joghurts anbietet. Leider ist zu sagen, dass das Unternehmen heute noch nicht profitabel arbeitet und Verluste macht (von denen Danone und Grameen je 50% tragen).
Ein ähnliches Konzept konnten wir in der Augenklinik beobachten: Top-Ärzte werden zu einem sehr guten Gehalt angeworben, um in dieser Klinik zu arbeiten (das gute Gehalt ist u.a. ein Anreiz, außerhalb von Dhaka in der ländlichen Gegend zu wohnen und zu arbeiten) um insbesondere armen Menschen eine Augenbehandlung anzubieten (insb. Grauer Star). Die armen Leute zahlen entweder nur einen sehr geringen Betrag oder gar nichts, je nach ihren finanziellen Möglichkeiten.
Wie finanziert sich das Krankenhaus? Wohlhabende Menschen zahlen einen höheren Preis.
Die Klinik hat einen so guten Ruf, dass viele wohlhabende Menschen kommen, um sich behandeln zu lassen. Die Aufteilung ist 30% arme, 70% wohlhabende Menschen. Die Klinik arbeitet wurde. 2007 eröffnet und arbeitet heute profitabel.
Zu dem Thema „Social Business“ wird es in der kommenden Zeit noch einen ausführlicheren Bericht geben.
Bei unserem Ausflug zu den eben beschriebenen Sister Companies waren wir zusammen mit sieben weiteren Praktikanten unterwegs und hatten einen Minivan samt Fahrer gemietet. Nachdem wir unseren Reiseführer (Lonely Planet) konsultiert hatten, stellten wir fest, dass relativ in der Nähe von Bogra ein alter Tempel zu besichtigen sein sollte. Die Kilometerzahl war gar nicht so groß, dass Problem ist aber, dass man auf den Straßen nicht sehr schnell fahren kann. Das liegt einerseits daran, dass die Straßen teilweise holprig sind. Der andere Grund sind die LKW, die das Land in Massen durchstreifen. Wie in Deutschland fahren sie auch hier sehr langsam und man kann auf den einspurigen Straßen nur sehr gewagte Überholmanöver durchführen (was die Fahrer nicht daran hindert, dies zu tun. Nicht nur einmal schien es, dass wir nur den LKW auf der Gegenfahrbahn mit unserem Lack gestreift haben).
Insgesamt legten wir an dem Tag 370km zurück und brauchten dafür einige Stunden Fahrt. Es hat sich aber gelohnt. Wir besichtigten buddhistische Tempelanlage aus dem achten Jahrhundert und konnten die wunderschöne Landschaft Bangladeschs aus dem Auto heraus bewundern.
Ach ja, was noch gar nicht erwähnt wurde: Zurzeit ist natürlich Ramadan und der Großteil der Bangladeschis, die wir treffen, hält sich strikt daran: Morgens um 4.30Uhr frühstücken, dann bis circa 19:30 Uhr fasten und dann „Iftari“ (Fastenbrechen). Zum Iftari gibt es ein traditionelles Mahl, erst zwei Stunden später wird dann richtig zu Abend gegessen. Unser Fahrer hielt sich auch an Ramadan und trank und aß den ganzen Tag nichts. Als sich gegen Abend die Frage stellte, wann wir essen gehen wollen, einigten wir uns schnell darauf, mit unseren Fahrer zusammen an einer Raststätte das Iftari einzunehmen. Er hat sich ziemlich gefreut und wir haben das traditionelle Essen genossen.

Last but not least sind wir dann vom 03.09.- 05.09. in den Nordosten Bangladeschs nach Srimangal gefahren. Die Gegend ist bekannt für ihre Teeplantagen. Am 02.09. kamen wir abends gegen 22:30 Uhr aus Bogra zurück und wollten am nächsten Morgen den Zug nach Srimangal nehmen. Laut Aussage eines Hotelmitarbeiters sollte der Zug um 7:30 Uhr von Dhaka Hauptbahnhof abfahren. Wir vertrauten seiner Aussage. Also standen wir am nächsten Morgen um sechs Uhr auf, checkten aus und nahmen um 6:30 Uhr eine Auto-Rikscha zum Bahnhof. Dort angekommen gingen wir in aller Ruhe zum Ticketschalter, da wir ja noch eine halbe Stunde Zeit hatten. Aber oh Wunder, der Mitarbeiter hatte uns eine falsche Zeit gesagt und der Zug war 10 Minuten bevor wir gekommen sind gefahren. Der nächste sollte erst um 14 Uhr abfahren. Wir kauften die Tickets und beschlossen, zurück zum Hotel zu fahren, da wir glücklicherweise den Schlüssel in der morgendlichen Verwirrtheit nicht abgegeben hatten. Im Hotel gingen wir unauffällig in unser Zimmer. Wir wollten rechtzeitig los, da um die Mittagszeit der Verkehr höllisch ist. Also trafen wir uns mit drei Jungs aus Italien, Österreich und Deutschland, die auch nach Srimangal fahren wollten. Wir fuhren so um 12.30Uhr von unserem Hotel ab. Genug Zeit sollte man denken… Der Verkehr war auch mit einer kleinen Auto-Rikscha nicht zu durchbrechen und dazu hatten wir zum ersten Mal in Dhaka einen rücksichtsvollen Fahrer. Wir brauchten für die Fahrt anderthalb Stunden und verpassten den Zug.
Unsere Motivation ging dem Nullpunkt entgegen, aber wir blieben tapfer, nahmen drei Rikschas (ohne Auto) und fuhren zum Busbahnhof und buchten einen Bus, der uns dann endgültig nach Srimangal brachte.
Die Gegend ist wirklich wunderschön und wir teilten uns einen Bungalow mit den drei Jungs.
Die Abwechslung zu Dhaka hat gut getan und das Land ist es wirklich wert, dass man die Hauptstadt verlässt um ruhigere Ecken aufzusuchen. Wir verbrachten die Zeit mit Karten spielen, einem Dschungeltrip bei denen immer wieder Spinnen unseren Weg kreuzten einem Ausflug zu einem See vorbei an riesigen Teeplantagen. Fotos sind besser als alle Worte 

An dieser Stelle sei noch gesagt, dass es jetzt möglich ist Kommentare zu schreiben ohne sich anzumelden. Man wählt bei Profil einfach Name aus. Sorry, dass dieses Problem nicht schon eher behoben worden ist.


Danke fürs lesen und bis bald!