Mittwoch, 21. Oktober 2009

Es dauerte eine Weile


Ja, unser letzter Post liegt nun wirklich weit zurück. Entschuldigend kann man dazu nur sagen, dass wir die letzten beiden Wochen in Dhaka noch einiges zu erledigen hatten und es einfach nicht geschafft haben unsere Website zu pflegen. Die anschließenden zwei Wochen haben wir uns dagegen einen Urlaub auf Koh Chang, Thailand gegönnt, wo wir unsere Arbeit rund um die Mikrokredite einfach mal liegen lassen haben.

Aber das bedeutet nicht, dass wir euch nicht weiter mit Informationen versorgen wollen. Mittlerweile dann doch wieder zurück in Deutschland, wollen wir unsere Arbeit wieder aufnehmen und ihr werdet in Kürze einen Post über die Produkte der Grameen Bank auf unserem Blog finden. Am Ende unsere Praktikums mussten wir einen Abschlussbereicht bei der Grameen Bank einreichen, den ihr über folgenden Link Grameen Bank Reportabrufen könnt. Dieser fasst unser Praktikum inhaltlich zusammen, berichtet noch einmal über einige Ausflüge im Rahmen unseres Praktikums und zusätzlich sind zwei Portfolios aus unseren Interviews mit den Kreditnehmerinnen entstanden, welche in dem Bericht vorkommen. Allerdings ist dieser auf Englisch – aber das könnt ihr ja alle.

Also besucht einfach weiter ab und zu unsere Seite und ihr seid auf dem Laufenden!

Abschließend noch einmal ein „dickes“ DANKESCHÖN, dass ihr unsere Seite so begeistert verfolgt und uns motiviert habt die Seite weiterhin und meistens kontinuierlich zu pflegen!
Das hat uns echt Spaß gemacht!

Also lasst von euch hören sowie auch wir lassen von uns hören!
Bis dann und einen Lieben Gruß

Sonntag, 13. September 2009

Grameen Bank - Teil II

Dieser Artikel soll die Prinzipien, welche die Grameen Bank so erfolgreich gemacht haben, näher Erläutern. Dazu werden die Besonderheiten der Grameen Bank bei dem Prozess der Kreditvergabe erklärt.

Seit dem Grameen Bank Projekt 1976 hat sich Grameen ständig weiterentwickelt und sie letztendlich zu dem gemacht was sie heute ist – ein soziales Business, welches speziell für und mit armen Menschen arbeitet. Seit der Transformation der Grameen Bank in eine formale Bank (1983), sind die Aktien der Bank zu 94% im Besitz der armen Kreditnehmer, welche überwiegend Frauen darstellen (vgl. Yunus 2009, S. 1f.). Die restlichen 6% gehören der Regierung Bangladeschs, die sich damit ein gewisses Mitspracherecht sichert.
Bis Heute hat die Grameen Bank ca. 7,97 Milliarden US-Dollar verliehen, wovon bereits 7,07 Milliarden US-Dollar zurückgezahlt wurden. Ihre Rückzahlungsrate beträgt somit 97,74 Prozent. Sie arbeitet seit ihrem Bestehen profitabel mit einer Ausnahme von lediglich drei Jahren (1983, 1991 und 1992 (vgl. ebd. S. 3f). Dazu ist zu sagen, dass die Bank bis 1995 Subventionen in Form von Spenden und Krediten mit niedrigen Zinsen bekommen hat. 1995 hat sie sich dazu entschieden, sich selbst zu finanzieren und 1998 ist der letzte dieser Kredite ausgelaufen (vgl. Yunus 2006, S. 3f).
Im Folgenden werden nun wesentliche Unterschiede der Grameen Bank bezüglich herkömmlichen Banken näher beschrieben.
Während herkömmliche Banken nach dem Motto: „ Hast du Geld, kannst du mehr Geld haben“ arbeiten, möchte die Grameen Bank ohne materielle Sicherheiten Geld an Menschen, die kein Geld besitzen, verleihen. Dabei vertritt sie die Meinung, dass Kredite ein Menschenrecht sein sollten (vgl. Yunus 2006, S. 4). Ganz nach dem Motto: „ Jeder Mensch – egal ob arm oder reich – hat Potential!“.
Die Menschen, die von der Grameen Bank angesprochen werden, waren vor einigen Jahren noch komplett vom formalen Bankwesen isoliert, da keine Bank das (scheinbar) hohe Risiko und die relativ hohen Kosten eines Mikrokredites an arme, besitzlose Menschen eingehen wollte. Sie hatten somit keinen Zugang zu legalen Finanzdienstleistungen jeglicher Art. Die Grameen Bank verzichtet bei ihrer Kreditvergabe auf jegliche materielle Sicherheiten sowie juristische Mittel, die Kundinnen auf gesetzlichen Wegen zum Zahlen zu zwingen. Wenn es also zu Problemen bei Rückzahlungen von Grameen Kundinnen kommt, wendet sich die Bank nicht ab, sondern im Gegenteil, sie versucht gemeinsam mit den Kundinnen die Probleme auf verschiedene Weisen zu bearbeiten und sie so dazu zu bringen, ihre Rückzahlungen zu tätigen (vgl. Yunus 2006, S. 5f).
Von besonderer Bedeutung und ein weiterer Unterschied zu herkömmlichen Banken ist die Kreditvergabe an überwiegend Frauen. Für diese Entscheidung gibt es mehrere Gründe: Frauen sind zumeist für den Haushalt verantwortlich. In jahrelanger Arbeit hat die Grameen Bank festgestellt, dass Frauen verantwortungsvoller mit Geld umgehen, d.h. sie kümmern sich um regelmäßige Mahlzeiten, schicken die Kinder zur Schule und sind erfahrungsgemäß bessere Sparer als Männer, die Geld u.a. auch für Pokern, Trinken, Zigaretten und Kinobesuche ausgeben (vgl. A N Wright, 2000, S. 133f). Daraus resultiert, dass durch Frauen der materielle Wohlstand der Familien eher gesteigert wird als durch Männer. Für die Bank ist es darüber hinaus besonders wichtig, dass Frauen zuverlässiger die Kredite zurückzahlen als Männer. Dazu kommt, dass in einer Welt, welche zumeist von Männern dominiert wird, sich durch die Kreditvergabe an Frauen grundlegende Strukturen verändern (vgl. ebd.)
Um Kunden von Mikrofinanzinstitutionen zum zurückzuzahlen zu bewegen, wird ein bestimmtes Instrument benutzt: die sogenannten „peer groups“.
Um Kredite bei der Grameenbank zu erhalten, müssen die Kundinnen zu einer Gruppe aus 5-10 Kundinnen gehören. Diese sollen von den Teilnehmerinnen selbst gegründet werden, damit eine höhere Verantwortung untereinander entsteht. Zusätzlich sollen die Gruppen möglichst homogen sein. Das heißt, die Gruppenmitglieder sollen möglichst gleich alt sein, einen ähnlichen sozialen Status genießen und vor allem vergleichbare wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben (vgl. ebd., S. 131). Der soziale Druck sowie die Unterstützung untereinander bilden die Basis der Disziplin. Man kann sich „gegenseitig auf die Finger schauen“, aber „auch jemanden aus der Patsche helfen“, wenn es die Situation verlangt (vgl. ebd. S.132). Dabei ist zu beachten, dass bei der Grameen Bank die Gruppe keine Garantie für ein individuelles Mitglied übernimmt. Die Gruppe dient lediglich der Kontrolle, ob jedes Mitglied verantwortlich handelt und ist ein Instrument, Probleme früh zu erkennen um somit Schwierigkeiten bei der Rückzahlung entgegenzuwirken (vgl. Yunus 2009, S. 2).
Die Grameen Bank bietet heute eine Reihe von verschiedenen Kredit-, Spar und Versicherungsprodukten an, welche genau auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind und essentiell für ihren Erfolg sind. In einem bald erscheinenden Post sollen diese näher beschrieben werden.
Wer noch nicht genug von Mikrokrediten hat, der sei doch noch auf diesen Artikel über Mikrokredite in Kambodscha verwiesen:
Eine Chance für Milionen

Also bis bald und liebe Grüße aus Bangladesch!


Quellen:

A N Wright, Graham: Microfinance Systems. Designing Quality Financial Services for the Poor. Dhaka: University Press Limited 2000.

Yunus, Muhammad: Banker to the Poor. Micro-lending and the battle against world poverty. New York: Public Affairs 2007.

Yunus, Muhammad: Grameen Bank at Glance. Chittagong: Packages Corporation Limited 2009.

Yunus, Muhammad: Microcredit: Banking with the Poor without Collateral. Chittagong: Packages Corporation Limited 2006.

Montag, 7. September 2009

Erlebnisse: Bangla Style

Seit dem 20.August, der Tag an dem wir von unseren „Village Stay“ nach Dhaka zurückkamen und heute ist wieder viel passiert. Überwiegend haben wir Schwesterunternehmen der Grameen Bank unter die Lupe genommen. Einige dieser Schwesterunternehmen haben wir in der Zwischenzeit bereits besucht.

Das Grameen-Netzwerk besteht nicht nur aus der Bank, sondern aus insgesamt circa 22 Grameen Unternehmen, die als Grameen Sister Companies bezeichnet werden. Diese Sister Companies haben ihren Sitz in demselben Bürogebäude wie die Grameen Bank und somit bietet es sich an, sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit unseren Koordinator organisierten wir sieben Treffen mit den Managern verschiedener Sister Companies.
Bei einigen der Sister Companies hat man nur die Möglichkeit, ein Gespräch mit einem Manager in dessen Büro zu führen. Bei anderen hingegen kann man die Arbeit vor Ort erleben. Bei unserem letzten „Village Stay“ sind wir auf eine Filiale von Grameen Shakti (Sister Company rundum Energie) aufmerksam geworden. Grameen Shakti vertreibt Produkte zur Förderung nachhaltiger Energie: Solaranlagen, Biogasanlagen, die mit Kuhdünger angetrieben werden, und energieeffiziente Gasherde. Ein Schwerpunkt von Grameen Shakti ist es die Idee, nachhaltige Energie zu verbreiten und auch für arme Menschen zugänglich zu machen. Durch die Installation einer Solaranlage sind die Kunden unabhängig von der staatlichen Stromversorgung, welche aus eigenen Erfahrungen sehr dürftig ist (teilweise bis zu fünfmal am Tag fällt der Strom aus).

Am 1. und 2. September haben wir einen weiteren Ausflug gemacht, um drei Grameen Projekte vor Ort zu besuchen: Grameen Danone, Grameen Healthcare (eine Augenklinik) und Grameen Fisheries. Die drei Projekte befinden sich in Bogra, einer Stadt die ca. 4 Stunden von Dhaka entfernt ist.
Grameen Danone war das erste Projekt, das wir besucht haben. Es ist ein Joint Venture zur preiswerten Herstellung von Joghurts für unterernährte Kinder Bangladeschs. Yunus bezeichnet die Unternehmensform als „Social Business“, das heißt das Unternehmen hat das Ziel, soziale Ziele zu verwirklichen und sich dabei selbst zu finanzieren. Alle möglichen Gewinne werden nicht an Eigentümer ausgezahlt, sondern immer wieder in die Expansion des Unternehmens investiert. Wir besuchten die Fabrik und erkundigten uns bezüglich Absatzzahlen, Kosten, Profiten etc. Denn wie gesagt, die Idee ist, dass das Unternehmen profitabel arbeitet und trotzdem günstige Joghurts anbietet. Leider ist zu sagen, dass das Unternehmen heute noch nicht profitabel arbeitet und Verluste macht (von denen Danone und Grameen je 50% tragen).
Ein ähnliches Konzept konnten wir in der Augenklinik beobachten: Top-Ärzte werden zu einem sehr guten Gehalt angeworben, um in dieser Klinik zu arbeiten (das gute Gehalt ist u.a. ein Anreiz, außerhalb von Dhaka in der ländlichen Gegend zu wohnen und zu arbeiten) um insbesondere armen Menschen eine Augenbehandlung anzubieten (insb. Grauer Star). Die armen Leute zahlen entweder nur einen sehr geringen Betrag oder gar nichts, je nach ihren finanziellen Möglichkeiten.
Wie finanziert sich das Krankenhaus? Wohlhabende Menschen zahlen einen höheren Preis.
Die Klinik hat einen so guten Ruf, dass viele wohlhabende Menschen kommen, um sich behandeln zu lassen. Die Aufteilung ist 30% arme, 70% wohlhabende Menschen. Die Klinik arbeitet wurde. 2007 eröffnet und arbeitet heute profitabel.
Zu dem Thema „Social Business“ wird es in der kommenden Zeit noch einen ausführlicheren Bericht geben.
Bei unserem Ausflug zu den eben beschriebenen Sister Companies waren wir zusammen mit sieben weiteren Praktikanten unterwegs und hatten einen Minivan samt Fahrer gemietet. Nachdem wir unseren Reiseführer (Lonely Planet) konsultiert hatten, stellten wir fest, dass relativ in der Nähe von Bogra ein alter Tempel zu besichtigen sein sollte. Die Kilometerzahl war gar nicht so groß, dass Problem ist aber, dass man auf den Straßen nicht sehr schnell fahren kann. Das liegt einerseits daran, dass die Straßen teilweise holprig sind. Der andere Grund sind die LKW, die das Land in Massen durchstreifen. Wie in Deutschland fahren sie auch hier sehr langsam und man kann auf den einspurigen Straßen nur sehr gewagte Überholmanöver durchführen (was die Fahrer nicht daran hindert, dies zu tun. Nicht nur einmal schien es, dass wir nur den LKW auf der Gegenfahrbahn mit unserem Lack gestreift haben).
Insgesamt legten wir an dem Tag 370km zurück und brauchten dafür einige Stunden Fahrt. Es hat sich aber gelohnt. Wir besichtigten buddhistische Tempelanlage aus dem achten Jahrhundert und konnten die wunderschöne Landschaft Bangladeschs aus dem Auto heraus bewundern.
Ach ja, was noch gar nicht erwähnt wurde: Zurzeit ist natürlich Ramadan und der Großteil der Bangladeschis, die wir treffen, hält sich strikt daran: Morgens um 4.30Uhr frühstücken, dann bis circa 19:30 Uhr fasten und dann „Iftari“ (Fastenbrechen). Zum Iftari gibt es ein traditionelles Mahl, erst zwei Stunden später wird dann richtig zu Abend gegessen. Unser Fahrer hielt sich auch an Ramadan und trank und aß den ganzen Tag nichts. Als sich gegen Abend die Frage stellte, wann wir essen gehen wollen, einigten wir uns schnell darauf, mit unseren Fahrer zusammen an einer Raststätte das Iftari einzunehmen. Er hat sich ziemlich gefreut und wir haben das traditionelle Essen genossen.

Last but not least sind wir dann vom 03.09.- 05.09. in den Nordosten Bangladeschs nach Srimangal gefahren. Die Gegend ist bekannt für ihre Teeplantagen. Am 02.09. kamen wir abends gegen 22:30 Uhr aus Bogra zurück und wollten am nächsten Morgen den Zug nach Srimangal nehmen. Laut Aussage eines Hotelmitarbeiters sollte der Zug um 7:30 Uhr von Dhaka Hauptbahnhof abfahren. Wir vertrauten seiner Aussage. Also standen wir am nächsten Morgen um sechs Uhr auf, checkten aus und nahmen um 6:30 Uhr eine Auto-Rikscha zum Bahnhof. Dort angekommen gingen wir in aller Ruhe zum Ticketschalter, da wir ja noch eine halbe Stunde Zeit hatten. Aber oh Wunder, der Mitarbeiter hatte uns eine falsche Zeit gesagt und der Zug war 10 Minuten bevor wir gekommen sind gefahren. Der nächste sollte erst um 14 Uhr abfahren. Wir kauften die Tickets und beschlossen, zurück zum Hotel zu fahren, da wir glücklicherweise den Schlüssel in der morgendlichen Verwirrtheit nicht abgegeben hatten. Im Hotel gingen wir unauffällig in unser Zimmer. Wir wollten rechtzeitig los, da um die Mittagszeit der Verkehr höllisch ist. Also trafen wir uns mit drei Jungs aus Italien, Österreich und Deutschland, die auch nach Srimangal fahren wollten. Wir fuhren so um 12.30Uhr von unserem Hotel ab. Genug Zeit sollte man denken… Der Verkehr war auch mit einer kleinen Auto-Rikscha nicht zu durchbrechen und dazu hatten wir zum ersten Mal in Dhaka einen rücksichtsvollen Fahrer. Wir brauchten für die Fahrt anderthalb Stunden und verpassten den Zug.
Unsere Motivation ging dem Nullpunkt entgegen, aber wir blieben tapfer, nahmen drei Rikschas (ohne Auto) und fuhren zum Busbahnhof und buchten einen Bus, der uns dann endgültig nach Srimangal brachte.
Die Gegend ist wirklich wunderschön und wir teilten uns einen Bungalow mit den drei Jungs.
Die Abwechslung zu Dhaka hat gut getan und das Land ist es wirklich wert, dass man die Hauptstadt verlässt um ruhigere Ecken aufzusuchen. Wir verbrachten die Zeit mit Karten spielen, einem Dschungeltrip bei denen immer wieder Spinnen unseren Weg kreuzten einem Ausflug zu einem See vorbei an riesigen Teeplantagen. Fotos sind besser als alle Worte 

An dieser Stelle sei noch gesagt, dass es jetzt möglich ist Kommentare zu schreiben ohne sich anzumelden. Man wählt bei Profil einfach Name aus. Sorry, dass dieses Problem nicht schon eher behoben worden ist.


Danke fürs lesen und bis bald!

Montag, 24. August 2009

Ein Dorf namens Balakandi

Vom 17. – 20. August stand bei uns ein viertägiger Aufenthalt in einem Dorf namens Balakandi auf dem Programm.
Die Aufenthalte in den Dörfern sind ein wesentlicher Teil des Praktikums bei der Grameen Bank. Hier gibt es die Möglichkeit zu sehen, wie die Idee der Mikrofinanzierung praktisch umgesetzt wird.
Am Montag um 10Uhr30 fuhr der Minibus von unserem Hotel ab. An Bord waren zwei Übersetzer, drei weitere Praktikanten, unser Koordinator der Grameen Bank und wir beide.
Wir beide kamen zusammen in das Branch Office (Zweigstelle) in Balakandi, ca. vier Stunden von Dhaka entfernt.
Unser Branch Office, in dessen Anbau wir schliefen und aßen, leitet und koordiniert ca. 60 Village Centers (das Foto auf dem wir mit den vielen Frauen zu sehen sind, ist z.B. ein Village Center). Village Center sind die unterste Stufe der Grameen Bank Hierarchie und arbeiten in direktem Kontakt mit den KreditnehmerInnen.
Montags kamen wir erst gegen 17 Uhr an, nachdem wir vorher noch die anderen Praktikanten bei ihrem Branch Office abgesetzt hatten. Dementsprechend blieb uns nicht mehr viel Zeit um den Tag zu genießen. Aber unverhofft kommt oft und es ergab sich noch folgende Situation:
An unserem Branch Office angekommen, lernten wir zwei Jungen kennen, die zurzeit einen Studienkredit der Grameen Bank in Anspruch nehmen.
Da wir vorhatten, mit so vielen Mitgliedern wie möglich zu sprechen und sie zu interviewen, fuhren wir mit einem der beiden zu sich nach Hause. Wir lernten also die Mutter und die restliche Familie des Jungen kennen und führten unser erstes Interview durch. Nachdem wir alles gefragt hatten und auch die Mutter die Gelegenheit hatte, uns ein paar Fragen zu stellen, machten wir uns auf den Weg zurück zum Branch Office. Die meistgestellte Frage der Kreditnehmerinnen an uns, ist ohne Zweifel: „Aus welchem Land kommst du?“ Sei es in Dhaka oder in dem Dorf, es ist nichts Ungewöhnliches, wenn jemand an uns vorbeiläuft und einfach nur schnell fragt aus welchem Land man kommt. Oft reichen die Englischkenntnisse nicht für längere Gespräche aus.
Insbesondere im Dorf ist man als Ausländer (Bideshi) schon eine Sensation. Als Dani am ersten Abend unter hohen Erwartungen an den deutschen Fußballer eine Runde gekickt hat (Cyril hatte leider Flip Flops an), hat sich in Null Komma nix eine Traube von mehr als zwanzig Leuten um Cyril gebildet, an einem Ort wo vorher keiner stand. Ob jung ob alt, alle kamen einfach an und stellten sich dazu. So wie der Einäugige König im Königreich der Blinden ist, ist derjenige der am Besten das Englische beherrscht der Herr der Aufmerksamkeit und Anerkennung seiner Landsleute.
Wenn wir dann selber mal ein „Kemon atschen (Wie geht es dir)“ zum Besten geben, ist der Begeisterung keine Grenzen gesetzt. Das Gesicht des Fragenden verwandelt sich schlagartig von interessiert in pure Erstaunung und Glück, dass ein Fremder seine Sprache spricht.
Sprache ist definitiv der Schlüssel zu den Leuten, auch wenn es nur ganz wenige Wörter sind.

Unser Fortbewegungsmittel während der vier Tage, war der so genannte „Van“:
Ein Fahrrad mit großer Holzfläche hinten dran, auf der vier Leute locker Platz finden (wir waren meist zu viert unterwegs: der Branch Manager, unser Übersetzer und wir beide).
Nach der Runde Fußball, bei der Dani als neue Hoffnung gefeiert wurde und große Erwartungen in unser erneutes Erscheinen gesteckt wurde (es konnte leider nicht erfüllt werden…), fuhren wir zurück ins Branch Office zum Diner:
Reis, Hühnchen, Gemüse und Dal.
Dienstag und Mittwoch besuchten wir je zwei Center Meetings bzw. Village Center, an denen ca. 40 Frauen teilnahmen. Nun ja, meistens war das eigentliche Center Meeting schon vorbei als wir kamen und wir hatten einfach die Möglichkeit, unsere Fragen zu stellen.
Dass sah dann meisten so aus, dass wir uns mit einem kurzen „A Salam aleikum“ und zwei Sätzen Bengali vorstellten (Ama nam … = Mein Name ist; Ama Desh Germany = Ich komme aus Deutschland) und dann die vorbereiteten Fragen auf Englisch stellten, die unser Übersetzer dann auf Bengali übersetzte.
Nach den Center Meetings interviewten wir dann ein bis zwei Kreditnehmerinnen.
Dazu wurden wir immer in deren Häuser eingeladen und es wurde versucht alle im Dorf befindlichen Stühle zusammenzutragen, dass wir ja nicht auf der Strohmatte sitzen müssen (sich dagegen zu wehren war schlichtweg unmöglich).
Wir bekamen also jede Menge Informationen und bekamen auch noch zu sehen wie die Menschen auf dem Land leben.

Der Aufenthalt in dem Dorf war definitiv das Aufschlussreichste was man machen kann. Es hilft enorm dabei, die Strukturen und Arbeitsprozesse der Grameen Bank zu verstehen.
Es bleibt festzuhalten, dass wir in einem Branch Office waren, das vor ca. 20 Jahren eröffnet wurde. Die Grameen Bank ist in der Region in der wir waren eine feststehende Institution und die meisten der Kreditnehmerinnen waren schon jahrelange Kundinnen, teilweise seit 20 Jahren. Dies wunderte uns im ersten Moment, da wir nicht erwarteten, dass Frauen dauerhaft Kundinnen bleiben sondern irgendwann komplett auf eigenen Beinen stehen. Diese Frage wird uns in den kommenden Wochen noch beschäftigen.
Wir planen einen weiteren viertägigen Aufenthalt in einem Dorf und werden versuchen, in ein jüngeres und vielleicht nicht so gut laufendes Branch Office zu kommen, um besser untersuchen zu können, woran die Umsetzung der Idee der Mikrofinanzierung scheitern könnte.

Außerdem wollen wir, wie angekündigt, die Grameen Bank und ihre Strukturen deutlicher beschreiben. Wenn ihr Fragen habt oder sagen könnt, was euch an dem Ganzen interessiert oder wenn euch Fragen einfallen, die ihr gerne den KreditnehmerInnen stellen würdet, immer her damit!

Also bis denn!

Samstag, 15. August 2009

Mikrokredite der Grameen Bank – Eine Einführung


Im August 1976 startete Prof. Dr. Muhammad Yunus das „Grameen Bank Projekt“ (Grameen Bank heißt übersetzt „Dorfbank“). Zu dieser Zeit lehrte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Chittagong, Bangladesch.
Die Straßen von Chittagong waren voll von armen Menschen. Yunus hatte Schwierigkeiten damit, wissenschaftliche Theorien zu lehren, während die Menschen auf der Straße verhungerten.
Also untersuchte er das Problem an seiner Wurzel: Er stellte fest, dass es armen Menschen ganz einfach an freiem Zugang zu Kapital fehlte. Anders als seine Kollegen forschte er nicht einfach weiter im Elfenbeinturm, sondern begab sich in ein nahe liegendes Dorf Namens Jobra (vgl. Yunus 2007, S. 42f).
Dort spielte sich folgende Szene ab: Er traf mit einer Frau (Sufiya) zusammen, die vor ihrer Hütte saß und einen Bambushocker fertig stellte. Er fragte sie, wo sie das Material für den Hocker her hatte. Sufiya antwortete, dass sie den Bambus für 5 Takka (ca. 5 Cent) bei einem Händler gekauft habe. Da sie diese 5 Takka jedoch nicht besitzt, muss sie sich diese unter folgenden festgelegten Bedingungen bei einem informalen Geldgeber leihen: Sie muss den gefertigten Stuhl zu einem festgelegten Preis am selben Tag an diesen Geldverleiher verkaufen. Dieser zahlt jedoch weitaus weniger als den normalen Marktpreis, nämlich nur 5,5 Takka. Folglich macht Sufiya nur 0,5 Takka Gewinn (da sie ja 5 Takka Schulden hatte) – sie verdient also an einem Tag 0,5 Cent. Das ist gerade mal so viel, um zu überleben (vgl. Yunus 2007, S. 46ff).
Es fehlt Sufiya folglich lediglich an 5 Cent um sich aus den Fängen der Zwischenhändler zu befreien. Auf diesem eben beschriebenen Beispiel baut das „Grameen Bank Projekt“ Yunus’ auf. Er lieh 42 in Jobra lebenden Personen insgesamt 856 Takka (27 Dollar), damit sie sich von der Abhängigkeit befreien und auf ihren eigenen Beinen stehen können. Nach einigen Schwierigkeiten, da die armen Dorfbewohner das Geld nicht annehmen wollten, etc, war relativ schnell klar, dass diese Menschen sehr darauf bedacht waren das geliehene Geld zurückzuzahlen (vgl. ebd.).
Yunus setzte sich in Verbindung mit der lokalen Bank, die aber keineswegs bereit war Geld an die armen Leute zu verleihen. Die Bank argumentierte, dass diese Leute ja nicht mal die Formulare für einen Kreditantrag ausfüllen können und vor allem, dass sie keine finanziellen oder materiellen Sicherheiten haben (vgl. ebd.).Yunus war der Auffassung, dass es daran doch nicht scheitern könnte, den Menschen, die es am meisten nötig haben, einen Kredit zu gewähren und gab in der Folgezeit nicht auf Banken zu finden die ihn unterstützten.
Diese Menschen sind nicht arm, weil sie unfähig sind mit Geld umzugehen. Sie arbeiten jeden Tag um zu überleben! Jedoch gibt es Institutionen und policies die dafür verantwortlich sind, dass arme Menschen arm bleiben (vgl. Yunus 2006, S. 1).

Yunus entwickelte eine Reihe von Instrumenten, die die Grameen Bank zu einem komplexen sozialverantwortlichen Unternehmen (Social Business) wachsen ließen.
Zu Beginn wurde sie noch stark subventioniert. 1995 entschied sie sich keine Spenden mehr anzunehmen. Wenn jemand der Grameen Bank heute Geld „spendet“, wird dieses angelegt und es werden Zinsen gezahlt. Heute arbeitet sie profitabel und finanziert sich zu 100% selber (vgl. Yunus 2006, S. 3f).
Nach dem Motto „Die Bank ist für die Armen und gehört den Armen“ entschied sich Yunus, die Grameen Bank zu einer richtigen Bank umzuformen. Heute ist die Bank zu 95% in Besitz der armen Kreditnehmer. Die restlichen 5% sind im Besitz der Regierung (vgl. Yunus 2009, S. 1f).
Zurzeit hat die Grameen Bank 7,84 Millionen KreditnehmerInnen von denen 97% Frauen sind.

Dies soll euch einen ersten Eindruck über die Grameen Bank geben.
Wie die Grameen Bank es trotz all der Schwierigkeiten geschafft hat, so erfolgreich zu werden, werden wir in einem nächsten Blog berichten. Dazu werden wir detaillierter auf die Arbeitsweise und die Produkte der Bank eingehen.

Wenn wir irgendetwas vergessen haben oder undeutlich ausgedrückt haben oder gar nicht erwähnt haben, so lasst es uns wissen!

Quellen:

Yunus, Muhammad: Banker to the Poor. Micro-lending and the battle against world poverty. New York: Public Affairs 2007.

Yunus, Muhammad: Grameen Bank at Glance. Chittagong: Packages Corporation Limited 2009.

Yunus, Muhammad: Microcredit: Banking with the Poor without Collateral. Chittagong: Packages Corporation Limited 2006.

Donnerstag, 6. August 2009

Angekommen

Nach einer mehr als 24stündigen Reise sind wir in Dhaka angekommen.
Aber eins nach dem Anderen. Dienstagabend sind wir in Frankfurt gestartet und haben das Flugzeug nach Abu Dhabi, die Hauptstadt (das Hauptemirat) der Vereinigten Arabischen Emirate geflogen. Dort hatten wir über 12 Stunden Aufenthalt. Da der Aufenthaltsbereich nicht sehr groß ist, besorgten wir uns die Stempel und machten uns auf den Weg nach Abu Dhabi Stadt. Die meiste Zeit verbrachten wir in einer Mall, die mitten in der Wüste dank starker Klimaanlage weitaus erträglicher war als die heiße Wüstenluft (47 Grad im Schatten). Nach der Mall, wo wir übrigens für 2€ bei IKEA Spaghetti Bolgnese gegessen haben, brachte uns das Taxi zum „Emirates Palace“, einem Hotel der Superlative. Die großen „Zimmer“ haben 602qm Fläche und kosten pro Nacht 10.000€ + Steuern. Zuerst wollten wir eine Nacht bleiben, aber leider ging ja abends wieder unser Flieger.

Zurück am Flughafen checkten wir ein und waren dann Zeugen einer äußerst verwirrten Aktion. Eine Sicherheits-Crew aus arabischen Mitarbeitern versuchte 200 Bangladeschis durch die Sicherheitsschranken zu bringen. Dies erwies sich als äußerst schwierig. Die Meisten liefen einfach durch den Metalldetektor durch und so gab es ein Piepkonzert das so schnell nicht aufhörte. Schuhe gingen verloren, Uhren wurden gesucht und auch eine Riesenpuppe hatte ihren Besitzer verloren. Besonders schön war es, dass niemand aus der Sicherheitscrew ein Wort Bengali sprechen konnte.

Wir warteten einfach und beobachteten wie sich 200 Leute in die kleine Halle drängten. Als sich schließlich die Schlange zum Boarden bildete, warteten wir weiter und stiegen fast als Letzte ein. Eigentlich hatten wir 2 schöne Plätze in der zweiten Klasse, ein Fenster und ein Gang, und freuten uns schon auf den Schlaf, da wir um 5:25 in Dhaka ankommen sollten.
Wir wunderten uns also nicht schlecht, als die Crew-Mitglieder unsere Sitznummern durchstrichen und neue draufschrieben: 7a & 9a. Der erste Reflex war nachfragen, da die beiden Sitze ja noch nicht einmal nebeneinander sind. Aber 7 & 9 ? Das ist ziemlich weit vorne und vorne ist eigentlich erste Klasse…?!
Yap, Jackpott!
Die Business Class wartete auf uns. Wir wissen auch heute nicht genau warum, aber das fanden wir nicht weiter schlimm. Champagner zur Begrüßung, ein Stuhl den man zum Quasi-Bett machen kann, unglaublich gutes Essen und weitere Kleinigkeiten versüßten uns den Flug derart, dass wir vor lauter Essen erstmal gar nicht zum Schlafen kamen. Nun, man muss schon sagen, dass man sich käuflich vorkam wie man da so saß. Komfort und Luxus sind schon zwei gute Überredungskünstler, aber in diesem Fall profitierten wir einfach davon.

6:25, Donnerstagmorgen. Nicht wirklich ausgeschlafen aber glücklich kamen wir in Dhaka an und wurden von einem Fahrer unseres Hotels abgeholt. Dieser wartete seit einer Stunde, aus irgendeinem Grund hatten wir eine falsche Zeit auf unserem Flugplan.
Naja, auf jeden Fall fuhr er uns zu unserem Hotel. Auf dem Weg sahen wir schon das Bürogebäude der Grameen Bank und kurz darauf folgte unser Hotel. Nach dem Erste Klasse Flug kam es uns ein bisschen klein vor. Also mussten wir nach einer guten Mütze Schlaf erstmal durch Dhaka „schlendern“ um die Realität unter die Lupe zu nehmen.
Die Realität ist ziemlich laut und hupt die ganze Zeit (Cy erinnert sie ganz stark an Lagos).
Leute die versuchen ihr Geld mit kleinen Geschäften zu machen sieht man überall.
Wir sind auf jeden Fall zum Gebäude der Grameen Bank gegangen, haben uns vorgestellt und unseren Koordinator kennen gelernt. Sonntag um 9:30 Uhr geht es los und bald gibt’s auf jeden Fall noch mehr über diese Stadt, von der wir nur einen Mini Eindruck bekommen haben.

Außerdem ist der historische Abriss online!

Bis denne!

Bangladesch - Ein historischer Abriss


Die Geschichte Bangladeschs beginnt mit dem Ende der britischen Kolonialherrschaft über Indien, das 1947 in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Daraufhin entwickelten sich mehrere Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen quer durch Indien. Nach zahlreichen gescheiterten Verhandlungen zwischen den größeren Konfliktparteien, der Moslem-Liga, dem National-Kongress (Hindus) und Großbritannien, spaltet sich Pakistan (Moslem-Liga) von Indien ab. Der Staat Pakistan bestand aus zwei Teilen: Westpakistan (das heutige Pakistan) und Ostpakistan (das heutige Bangladesch). Das Besondere an dieser Teilung war, dass die beiden Teile dieses einen Staates von 1.500km indischem Territorium getrennt wurden.

Der frühere Staat Pakistan basierte auf dem Islam als gemeinsamer Religion. Bangladesch war und ist auch heute noch größtenteils muslimisch, genauso wie Pakistan.
Die westpakistanisch dominierte Regierung in Islamabad vernachlässigte eindeutig das ostpakistanische Gebiet.
Vor allem die verschiedenen Sprachen förderten die Entwicklung unterschiedlicher kultureller Identitäten: Urdu, die offizielle Landessprache, welche in Westpakistan gesprochen wird und Bengali, die in Ostpakistan gesprochen wird waren Kernpunkte der Protestbewegung, da die Regierung Urdu zur offiziellen Landessprache erklärte. Schon im Jahr 1949 formierte sich die oppositionelle Awami League und setzte sich für ein autonomes Ostpakistan ein.

Erst 1970 tritt der Konflikt in eine neue Phase. Die im Dezember ausgetragenen Wahlen desselben Jahres gewann die Awami League eindeutig. Westpakistan sah daraufhin seine Dominanz gefährdet. Die Awami League gewann nun an Einfluss und ihre Forderungen erreichten neue Dimensionen: Sie strebten nach vollkommener Unabhängigkeit und einem eigenen Land: „das Land der Bengalen“.
1971 trafen westpakistanische Truppen in Dhaka ein und lösten einen Bürgerkrieg aus. Dies führte dazu, dass 10 Millionen Menschen in die Grenzgebiete Indiens flohen. Indien sah sich daraufhin gezwungen, sich in den Krieg einzumischen, da die Flüchtlinge in den armen Grenzgebieten nicht versorgt werden konnten. Auch die Großmächte USA, UdSSR und China spielten in diesem Zusammenhang eine nennenswerte Rolle, auf die jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.
Zunehmend verschärfte sich in dieser Zeit der Konflikt zwischen Indien und Pakistan (Kaschmir Konflikt). Dies bedeutete jedoch, dass Pakistan an zwei Fronten (West- und Ostpakistan bzw. Kaschmir und Dhaka) kämpfte. Pakistan war den indischen Truppen unterlegen und Indien erlangte einen schnellen militärischen Sieg, was gleichzeitig zur Unabhängigkeit Bangladeschs führte. Am 26. März 1971 proklamierten die im Exil lebenden Führer der Awami League die Unabhängigkeit Ostpakistans und gaben dem Land den Namen Bangladesch.
Nach der Unabhängigkeit kann immer noch nicht von einem friedlichen Zusammenleben im „Land der Bengalen“ gesprochen werden. Zahlreiche Wechsel von Militär- und gewählten Regierungen und die damit zusammenhängenden Zeiten des Kriegsrechts („martial law“) und immer wiederkehrende Ausnahmezustände („state of emergency“) prägen die politische Entwicklung.

Nach der Unabhängigkeit (1971) bis zum Jahre 1975 regierte Scheich Mujib das Land. Im August 1975 wurde er vom Militär gestürzt und umgebracht. Danach wurde das Kriegsrecht ausgesprochen. 1979 wurde erneut gewählt und Zia’s Bangladesh National Party kam an die Macht. Aber schon 1982 kam es erneut zu einem Militärcoup bei dem wieder ein gewählter Präsident sein Leben verlor. General Ershad ergriff die Macht, setzte die Verfassung außer Kraft und verbot alle politischen Parteien. 1983 wurde eine Wahl abgehalten, bei der wenige Parteien zugelassen wurden und die natürlich General Ershad gewann. Daraufhin lockerte er das Kriegsrecht und setzte die Verfassung wieder in Kraft. Die nächsten Jahre sind von Massenprotesten und Demonstrationen durch die Opposition geprägt. 1990 tritt Ershad ab und im folgenden Jahr wird er wegen Korruption verhaftet. Die Witwe des vorherigen Präsidenten Zia wird Premier Ministerin.
1996 wurde wieder gewählt und die bekannte Awami League konnte sich behaupten. Scheich Hasina Wajed, die Tochter von Scheich Mujib, der von 1972 bis 1975 das Land regierte, wurde Premier Ministerin. Scheich Hasina’s Legislaturperiode ging 2001 zu Ende. Sie war damit die erste Person der Geschichte Bangladeschs, die den Auftrag ihrer WählerInnen zu einem korrekten Ende brachte.
Die anschließenden Wahlen verlor sie jedoch. Zia’s National Party bildete in Koalition mit drei weiteren Parteien die Regierung Bangladeschs. Die nun bevorstehende Legislaturperiode verlief alles andere als ruhig. Generalstreiks und Bombenanschläge erschütterten das Land. Kurz vor der nächsten Wahl, welche im Januar 2007 stattfinden sollte, nahmen die Proteste zu und führten letztendlich dazu, dass abermals der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Die durch das Militär gestützte Regierung blieb bis Januar 2009 an der Macht.
Heute regiert Premier Ministerin Scheich Hasina wieder das Land.


Quellen:
Pfetsch R. Frank (Hrsg.): Konflikte seit 1945: Daten – Fakten – Hintergründe. Würzburg: Verlag Ploetz Freiburg: 1991.

BBC: Timeline: Bangladesh. http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/country_profiles/1160896.stm