Montag, 24. August 2009

Ein Dorf namens Balakandi

Vom 17. – 20. August stand bei uns ein viertägiger Aufenthalt in einem Dorf namens Balakandi auf dem Programm.
Die Aufenthalte in den Dörfern sind ein wesentlicher Teil des Praktikums bei der Grameen Bank. Hier gibt es die Möglichkeit zu sehen, wie die Idee der Mikrofinanzierung praktisch umgesetzt wird.
Am Montag um 10Uhr30 fuhr der Minibus von unserem Hotel ab. An Bord waren zwei Übersetzer, drei weitere Praktikanten, unser Koordinator der Grameen Bank und wir beide.
Wir beide kamen zusammen in das Branch Office (Zweigstelle) in Balakandi, ca. vier Stunden von Dhaka entfernt.
Unser Branch Office, in dessen Anbau wir schliefen und aßen, leitet und koordiniert ca. 60 Village Centers (das Foto auf dem wir mit den vielen Frauen zu sehen sind, ist z.B. ein Village Center). Village Center sind die unterste Stufe der Grameen Bank Hierarchie und arbeiten in direktem Kontakt mit den KreditnehmerInnen.
Montags kamen wir erst gegen 17 Uhr an, nachdem wir vorher noch die anderen Praktikanten bei ihrem Branch Office abgesetzt hatten. Dementsprechend blieb uns nicht mehr viel Zeit um den Tag zu genießen. Aber unverhofft kommt oft und es ergab sich noch folgende Situation:
An unserem Branch Office angekommen, lernten wir zwei Jungen kennen, die zurzeit einen Studienkredit der Grameen Bank in Anspruch nehmen.
Da wir vorhatten, mit so vielen Mitgliedern wie möglich zu sprechen und sie zu interviewen, fuhren wir mit einem der beiden zu sich nach Hause. Wir lernten also die Mutter und die restliche Familie des Jungen kennen und führten unser erstes Interview durch. Nachdem wir alles gefragt hatten und auch die Mutter die Gelegenheit hatte, uns ein paar Fragen zu stellen, machten wir uns auf den Weg zurück zum Branch Office. Die meistgestellte Frage der Kreditnehmerinnen an uns, ist ohne Zweifel: „Aus welchem Land kommst du?“ Sei es in Dhaka oder in dem Dorf, es ist nichts Ungewöhnliches, wenn jemand an uns vorbeiläuft und einfach nur schnell fragt aus welchem Land man kommt. Oft reichen die Englischkenntnisse nicht für längere Gespräche aus.
Insbesondere im Dorf ist man als Ausländer (Bideshi) schon eine Sensation. Als Dani am ersten Abend unter hohen Erwartungen an den deutschen Fußballer eine Runde gekickt hat (Cyril hatte leider Flip Flops an), hat sich in Null Komma nix eine Traube von mehr als zwanzig Leuten um Cyril gebildet, an einem Ort wo vorher keiner stand. Ob jung ob alt, alle kamen einfach an und stellten sich dazu. So wie der Einäugige König im Königreich der Blinden ist, ist derjenige der am Besten das Englische beherrscht der Herr der Aufmerksamkeit und Anerkennung seiner Landsleute.
Wenn wir dann selber mal ein „Kemon atschen (Wie geht es dir)“ zum Besten geben, ist der Begeisterung keine Grenzen gesetzt. Das Gesicht des Fragenden verwandelt sich schlagartig von interessiert in pure Erstaunung und Glück, dass ein Fremder seine Sprache spricht.
Sprache ist definitiv der Schlüssel zu den Leuten, auch wenn es nur ganz wenige Wörter sind.

Unser Fortbewegungsmittel während der vier Tage, war der so genannte „Van“:
Ein Fahrrad mit großer Holzfläche hinten dran, auf der vier Leute locker Platz finden (wir waren meist zu viert unterwegs: der Branch Manager, unser Übersetzer und wir beide).
Nach der Runde Fußball, bei der Dani als neue Hoffnung gefeiert wurde und große Erwartungen in unser erneutes Erscheinen gesteckt wurde (es konnte leider nicht erfüllt werden…), fuhren wir zurück ins Branch Office zum Diner:
Reis, Hühnchen, Gemüse und Dal.
Dienstag und Mittwoch besuchten wir je zwei Center Meetings bzw. Village Center, an denen ca. 40 Frauen teilnahmen. Nun ja, meistens war das eigentliche Center Meeting schon vorbei als wir kamen und wir hatten einfach die Möglichkeit, unsere Fragen zu stellen.
Dass sah dann meisten so aus, dass wir uns mit einem kurzen „A Salam aleikum“ und zwei Sätzen Bengali vorstellten (Ama nam … = Mein Name ist; Ama Desh Germany = Ich komme aus Deutschland) und dann die vorbereiteten Fragen auf Englisch stellten, die unser Übersetzer dann auf Bengali übersetzte.
Nach den Center Meetings interviewten wir dann ein bis zwei Kreditnehmerinnen.
Dazu wurden wir immer in deren Häuser eingeladen und es wurde versucht alle im Dorf befindlichen Stühle zusammenzutragen, dass wir ja nicht auf der Strohmatte sitzen müssen (sich dagegen zu wehren war schlichtweg unmöglich).
Wir bekamen also jede Menge Informationen und bekamen auch noch zu sehen wie die Menschen auf dem Land leben.

Der Aufenthalt in dem Dorf war definitiv das Aufschlussreichste was man machen kann. Es hilft enorm dabei, die Strukturen und Arbeitsprozesse der Grameen Bank zu verstehen.
Es bleibt festzuhalten, dass wir in einem Branch Office waren, das vor ca. 20 Jahren eröffnet wurde. Die Grameen Bank ist in der Region in der wir waren eine feststehende Institution und die meisten der Kreditnehmerinnen waren schon jahrelange Kundinnen, teilweise seit 20 Jahren. Dies wunderte uns im ersten Moment, da wir nicht erwarteten, dass Frauen dauerhaft Kundinnen bleiben sondern irgendwann komplett auf eigenen Beinen stehen. Diese Frage wird uns in den kommenden Wochen noch beschäftigen.
Wir planen einen weiteren viertägigen Aufenthalt in einem Dorf und werden versuchen, in ein jüngeres und vielleicht nicht so gut laufendes Branch Office zu kommen, um besser untersuchen zu können, woran die Umsetzung der Idee der Mikrofinanzierung scheitern könnte.

Außerdem wollen wir, wie angekündigt, die Grameen Bank und ihre Strukturen deutlicher beschreiben. Wenn ihr Fragen habt oder sagen könnt, was euch an dem Ganzen interessiert oder wenn euch Fragen einfallen, die ihr gerne den KreditnehmerInnen stellen würdet, immer her damit!

Also bis denn!

Samstag, 15. August 2009

Mikrokredite der Grameen Bank – Eine Einführung


Im August 1976 startete Prof. Dr. Muhammad Yunus das „Grameen Bank Projekt“ (Grameen Bank heißt übersetzt „Dorfbank“). Zu dieser Zeit lehrte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Chittagong, Bangladesch.
Die Straßen von Chittagong waren voll von armen Menschen. Yunus hatte Schwierigkeiten damit, wissenschaftliche Theorien zu lehren, während die Menschen auf der Straße verhungerten.
Also untersuchte er das Problem an seiner Wurzel: Er stellte fest, dass es armen Menschen ganz einfach an freiem Zugang zu Kapital fehlte. Anders als seine Kollegen forschte er nicht einfach weiter im Elfenbeinturm, sondern begab sich in ein nahe liegendes Dorf Namens Jobra (vgl. Yunus 2007, S. 42f).
Dort spielte sich folgende Szene ab: Er traf mit einer Frau (Sufiya) zusammen, die vor ihrer Hütte saß und einen Bambushocker fertig stellte. Er fragte sie, wo sie das Material für den Hocker her hatte. Sufiya antwortete, dass sie den Bambus für 5 Takka (ca. 5 Cent) bei einem Händler gekauft habe. Da sie diese 5 Takka jedoch nicht besitzt, muss sie sich diese unter folgenden festgelegten Bedingungen bei einem informalen Geldgeber leihen: Sie muss den gefertigten Stuhl zu einem festgelegten Preis am selben Tag an diesen Geldverleiher verkaufen. Dieser zahlt jedoch weitaus weniger als den normalen Marktpreis, nämlich nur 5,5 Takka. Folglich macht Sufiya nur 0,5 Takka Gewinn (da sie ja 5 Takka Schulden hatte) – sie verdient also an einem Tag 0,5 Cent. Das ist gerade mal so viel, um zu überleben (vgl. Yunus 2007, S. 46ff).
Es fehlt Sufiya folglich lediglich an 5 Cent um sich aus den Fängen der Zwischenhändler zu befreien. Auf diesem eben beschriebenen Beispiel baut das „Grameen Bank Projekt“ Yunus’ auf. Er lieh 42 in Jobra lebenden Personen insgesamt 856 Takka (27 Dollar), damit sie sich von der Abhängigkeit befreien und auf ihren eigenen Beinen stehen können. Nach einigen Schwierigkeiten, da die armen Dorfbewohner das Geld nicht annehmen wollten, etc, war relativ schnell klar, dass diese Menschen sehr darauf bedacht waren das geliehene Geld zurückzuzahlen (vgl. ebd.).
Yunus setzte sich in Verbindung mit der lokalen Bank, die aber keineswegs bereit war Geld an die armen Leute zu verleihen. Die Bank argumentierte, dass diese Leute ja nicht mal die Formulare für einen Kreditantrag ausfüllen können und vor allem, dass sie keine finanziellen oder materiellen Sicherheiten haben (vgl. ebd.).Yunus war der Auffassung, dass es daran doch nicht scheitern könnte, den Menschen, die es am meisten nötig haben, einen Kredit zu gewähren und gab in der Folgezeit nicht auf Banken zu finden die ihn unterstützten.
Diese Menschen sind nicht arm, weil sie unfähig sind mit Geld umzugehen. Sie arbeiten jeden Tag um zu überleben! Jedoch gibt es Institutionen und policies die dafür verantwortlich sind, dass arme Menschen arm bleiben (vgl. Yunus 2006, S. 1).

Yunus entwickelte eine Reihe von Instrumenten, die die Grameen Bank zu einem komplexen sozialverantwortlichen Unternehmen (Social Business) wachsen ließen.
Zu Beginn wurde sie noch stark subventioniert. 1995 entschied sie sich keine Spenden mehr anzunehmen. Wenn jemand der Grameen Bank heute Geld „spendet“, wird dieses angelegt und es werden Zinsen gezahlt. Heute arbeitet sie profitabel und finanziert sich zu 100% selber (vgl. Yunus 2006, S. 3f).
Nach dem Motto „Die Bank ist für die Armen und gehört den Armen“ entschied sich Yunus, die Grameen Bank zu einer richtigen Bank umzuformen. Heute ist die Bank zu 95% in Besitz der armen Kreditnehmer. Die restlichen 5% sind im Besitz der Regierung (vgl. Yunus 2009, S. 1f).
Zurzeit hat die Grameen Bank 7,84 Millionen KreditnehmerInnen von denen 97% Frauen sind.

Dies soll euch einen ersten Eindruck über die Grameen Bank geben.
Wie die Grameen Bank es trotz all der Schwierigkeiten geschafft hat, so erfolgreich zu werden, werden wir in einem nächsten Blog berichten. Dazu werden wir detaillierter auf die Arbeitsweise und die Produkte der Bank eingehen.

Wenn wir irgendetwas vergessen haben oder undeutlich ausgedrückt haben oder gar nicht erwähnt haben, so lasst es uns wissen!

Quellen:

Yunus, Muhammad: Banker to the Poor. Micro-lending and the battle against world poverty. New York: Public Affairs 2007.

Yunus, Muhammad: Grameen Bank at Glance. Chittagong: Packages Corporation Limited 2009.

Yunus, Muhammad: Microcredit: Banking with the Poor without Collateral. Chittagong: Packages Corporation Limited 2006.

Donnerstag, 6. August 2009

Angekommen

Nach einer mehr als 24stündigen Reise sind wir in Dhaka angekommen.
Aber eins nach dem Anderen. Dienstagabend sind wir in Frankfurt gestartet und haben das Flugzeug nach Abu Dhabi, die Hauptstadt (das Hauptemirat) der Vereinigten Arabischen Emirate geflogen. Dort hatten wir über 12 Stunden Aufenthalt. Da der Aufenthaltsbereich nicht sehr groß ist, besorgten wir uns die Stempel und machten uns auf den Weg nach Abu Dhabi Stadt. Die meiste Zeit verbrachten wir in einer Mall, die mitten in der Wüste dank starker Klimaanlage weitaus erträglicher war als die heiße Wüstenluft (47 Grad im Schatten). Nach der Mall, wo wir übrigens für 2€ bei IKEA Spaghetti Bolgnese gegessen haben, brachte uns das Taxi zum „Emirates Palace“, einem Hotel der Superlative. Die großen „Zimmer“ haben 602qm Fläche und kosten pro Nacht 10.000€ + Steuern. Zuerst wollten wir eine Nacht bleiben, aber leider ging ja abends wieder unser Flieger.

Zurück am Flughafen checkten wir ein und waren dann Zeugen einer äußerst verwirrten Aktion. Eine Sicherheits-Crew aus arabischen Mitarbeitern versuchte 200 Bangladeschis durch die Sicherheitsschranken zu bringen. Dies erwies sich als äußerst schwierig. Die Meisten liefen einfach durch den Metalldetektor durch und so gab es ein Piepkonzert das so schnell nicht aufhörte. Schuhe gingen verloren, Uhren wurden gesucht und auch eine Riesenpuppe hatte ihren Besitzer verloren. Besonders schön war es, dass niemand aus der Sicherheitscrew ein Wort Bengali sprechen konnte.

Wir warteten einfach und beobachteten wie sich 200 Leute in die kleine Halle drängten. Als sich schließlich die Schlange zum Boarden bildete, warteten wir weiter und stiegen fast als Letzte ein. Eigentlich hatten wir 2 schöne Plätze in der zweiten Klasse, ein Fenster und ein Gang, und freuten uns schon auf den Schlaf, da wir um 5:25 in Dhaka ankommen sollten.
Wir wunderten uns also nicht schlecht, als die Crew-Mitglieder unsere Sitznummern durchstrichen und neue draufschrieben: 7a & 9a. Der erste Reflex war nachfragen, da die beiden Sitze ja noch nicht einmal nebeneinander sind. Aber 7 & 9 ? Das ist ziemlich weit vorne und vorne ist eigentlich erste Klasse…?!
Yap, Jackpott!
Die Business Class wartete auf uns. Wir wissen auch heute nicht genau warum, aber das fanden wir nicht weiter schlimm. Champagner zur Begrüßung, ein Stuhl den man zum Quasi-Bett machen kann, unglaublich gutes Essen und weitere Kleinigkeiten versüßten uns den Flug derart, dass wir vor lauter Essen erstmal gar nicht zum Schlafen kamen. Nun, man muss schon sagen, dass man sich käuflich vorkam wie man da so saß. Komfort und Luxus sind schon zwei gute Überredungskünstler, aber in diesem Fall profitierten wir einfach davon.

6:25, Donnerstagmorgen. Nicht wirklich ausgeschlafen aber glücklich kamen wir in Dhaka an und wurden von einem Fahrer unseres Hotels abgeholt. Dieser wartete seit einer Stunde, aus irgendeinem Grund hatten wir eine falsche Zeit auf unserem Flugplan.
Naja, auf jeden Fall fuhr er uns zu unserem Hotel. Auf dem Weg sahen wir schon das Bürogebäude der Grameen Bank und kurz darauf folgte unser Hotel. Nach dem Erste Klasse Flug kam es uns ein bisschen klein vor. Also mussten wir nach einer guten Mütze Schlaf erstmal durch Dhaka „schlendern“ um die Realität unter die Lupe zu nehmen.
Die Realität ist ziemlich laut und hupt die ganze Zeit (Cy erinnert sie ganz stark an Lagos).
Leute die versuchen ihr Geld mit kleinen Geschäften zu machen sieht man überall.
Wir sind auf jeden Fall zum Gebäude der Grameen Bank gegangen, haben uns vorgestellt und unseren Koordinator kennen gelernt. Sonntag um 9:30 Uhr geht es los und bald gibt’s auf jeden Fall noch mehr über diese Stadt, von der wir nur einen Mini Eindruck bekommen haben.

Außerdem ist der historische Abriss online!

Bis denne!

Bangladesch - Ein historischer Abriss


Die Geschichte Bangladeschs beginnt mit dem Ende der britischen Kolonialherrschaft über Indien, das 1947 in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Daraufhin entwickelten sich mehrere Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen quer durch Indien. Nach zahlreichen gescheiterten Verhandlungen zwischen den größeren Konfliktparteien, der Moslem-Liga, dem National-Kongress (Hindus) und Großbritannien, spaltet sich Pakistan (Moslem-Liga) von Indien ab. Der Staat Pakistan bestand aus zwei Teilen: Westpakistan (das heutige Pakistan) und Ostpakistan (das heutige Bangladesch). Das Besondere an dieser Teilung war, dass die beiden Teile dieses einen Staates von 1.500km indischem Territorium getrennt wurden.

Der frühere Staat Pakistan basierte auf dem Islam als gemeinsamer Religion. Bangladesch war und ist auch heute noch größtenteils muslimisch, genauso wie Pakistan.
Die westpakistanisch dominierte Regierung in Islamabad vernachlässigte eindeutig das ostpakistanische Gebiet.
Vor allem die verschiedenen Sprachen förderten die Entwicklung unterschiedlicher kultureller Identitäten: Urdu, die offizielle Landessprache, welche in Westpakistan gesprochen wird und Bengali, die in Ostpakistan gesprochen wird waren Kernpunkte der Protestbewegung, da die Regierung Urdu zur offiziellen Landessprache erklärte. Schon im Jahr 1949 formierte sich die oppositionelle Awami League und setzte sich für ein autonomes Ostpakistan ein.

Erst 1970 tritt der Konflikt in eine neue Phase. Die im Dezember ausgetragenen Wahlen desselben Jahres gewann die Awami League eindeutig. Westpakistan sah daraufhin seine Dominanz gefährdet. Die Awami League gewann nun an Einfluss und ihre Forderungen erreichten neue Dimensionen: Sie strebten nach vollkommener Unabhängigkeit und einem eigenen Land: „das Land der Bengalen“.
1971 trafen westpakistanische Truppen in Dhaka ein und lösten einen Bürgerkrieg aus. Dies führte dazu, dass 10 Millionen Menschen in die Grenzgebiete Indiens flohen. Indien sah sich daraufhin gezwungen, sich in den Krieg einzumischen, da die Flüchtlinge in den armen Grenzgebieten nicht versorgt werden konnten. Auch die Großmächte USA, UdSSR und China spielten in diesem Zusammenhang eine nennenswerte Rolle, auf die jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.
Zunehmend verschärfte sich in dieser Zeit der Konflikt zwischen Indien und Pakistan (Kaschmir Konflikt). Dies bedeutete jedoch, dass Pakistan an zwei Fronten (West- und Ostpakistan bzw. Kaschmir und Dhaka) kämpfte. Pakistan war den indischen Truppen unterlegen und Indien erlangte einen schnellen militärischen Sieg, was gleichzeitig zur Unabhängigkeit Bangladeschs führte. Am 26. März 1971 proklamierten die im Exil lebenden Führer der Awami League die Unabhängigkeit Ostpakistans und gaben dem Land den Namen Bangladesch.
Nach der Unabhängigkeit kann immer noch nicht von einem friedlichen Zusammenleben im „Land der Bengalen“ gesprochen werden. Zahlreiche Wechsel von Militär- und gewählten Regierungen und die damit zusammenhängenden Zeiten des Kriegsrechts („martial law“) und immer wiederkehrende Ausnahmezustände („state of emergency“) prägen die politische Entwicklung.

Nach der Unabhängigkeit (1971) bis zum Jahre 1975 regierte Scheich Mujib das Land. Im August 1975 wurde er vom Militär gestürzt und umgebracht. Danach wurde das Kriegsrecht ausgesprochen. 1979 wurde erneut gewählt und Zia’s Bangladesh National Party kam an die Macht. Aber schon 1982 kam es erneut zu einem Militärcoup bei dem wieder ein gewählter Präsident sein Leben verlor. General Ershad ergriff die Macht, setzte die Verfassung außer Kraft und verbot alle politischen Parteien. 1983 wurde eine Wahl abgehalten, bei der wenige Parteien zugelassen wurden und die natürlich General Ershad gewann. Daraufhin lockerte er das Kriegsrecht und setzte die Verfassung wieder in Kraft. Die nächsten Jahre sind von Massenprotesten und Demonstrationen durch die Opposition geprägt. 1990 tritt Ershad ab und im folgenden Jahr wird er wegen Korruption verhaftet. Die Witwe des vorherigen Präsidenten Zia wird Premier Ministerin.
1996 wurde wieder gewählt und die bekannte Awami League konnte sich behaupten. Scheich Hasina Wajed, die Tochter von Scheich Mujib, der von 1972 bis 1975 das Land regierte, wurde Premier Ministerin. Scheich Hasina’s Legislaturperiode ging 2001 zu Ende. Sie war damit die erste Person der Geschichte Bangladeschs, die den Auftrag ihrer WählerInnen zu einem korrekten Ende brachte.
Die anschließenden Wahlen verlor sie jedoch. Zia’s National Party bildete in Koalition mit drei weiteren Parteien die Regierung Bangladeschs. Die nun bevorstehende Legislaturperiode verlief alles andere als ruhig. Generalstreiks und Bombenanschläge erschütterten das Land. Kurz vor der nächsten Wahl, welche im Januar 2007 stattfinden sollte, nahmen die Proteste zu und führten letztendlich dazu, dass abermals der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Die durch das Militär gestützte Regierung blieb bis Januar 2009 an der Macht.
Heute regiert Premier Ministerin Scheich Hasina wieder das Land.


Quellen:
Pfetsch R. Frank (Hrsg.): Konflikte seit 1945: Daten – Fakten – Hintergründe. Würzburg: Verlag Ploetz Freiburg: 1991.

BBC: Timeline: Bangladesh. http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/country_profiles/1160896.stm